Und dann ist da nur Leere.
Heute ist einer dieser Tage, an denen ich mich leer fühle. Einsam, vom Leben vergessen. Ich glaube, es war einfach zu viel für mich in den letzten Wochen, und ich habe den Punkt erreicht, an dem ich nicht mehr weiter über meine eigenen Grenzen gehen kann.
Ich lenke mich ab, um meinem Körper die Heilung zu geben, die er gerade braucht. Doch sobald ich aufhöre, mich abzulenken, kommt es wieder. Diese tiefe Sehnsucht nach Lebendigkeit, nach meinem Feuer, nach echtem, purem Leben.
Es ist einfach immer da und ruft. Ich kann es nicht unterdrücken – und doch versuche ich es ständig. Heute war ich an einem Punkt, an dem nichts mehr ging. Mein Körper schmerzt, ich fühle mich erschöpft. Keine Möglichkeit zur Regulierung. Ich schreie andere Menschen an, und ich möchte am liebsten davonlaufen – vor mir selbst.
Aber das geht nicht.
Ja, auch das ist Teil meiner Selbst. Es ist der Teil, der mich in die tiefe Suche nach Gott und zur Erforschung meines Nervensystems gebracht hat. Der, der mich nachts oft aufwachen lässt, mich ängstlich sein lässt, mir Geschichten in meinem Kopf erzählt.
Es erscheint mir fast so, als wäre es der „böse Bruder“ meiner überschwänglich-lustvollen und sehr bunten Kreativität. Ein Schatten, der mit ihr einhergeht. Die Fähigkeit, mir nicht nur wunderschöne Dinge auszudenken, sondern auch richtige Horror-Szenarien, die mir vor allem nachts in den Kopf schießen.
Einen Teil konnte ich regulieren über meine Ernährung. Als ich anfing, mich gesünder zu ernähren und weniger verarbeitete oder tierische Lebensmittel zu mir zu nehmen, erholte sich mein System etwas. Seitdem kann ich mehr über den Tellerrand blicken.
Einen anderen Teil konnte ich lernen zu führen – meine inneren Drachen, wie ich sie liebevoll nenne. Sie zu kennen ist wichtig, denn so weiß ich, wie ich ihnen begegnen kann. Mich dem ganz hinzugeben und ihnen die Kontrolle zu entziehen, ist dabei entscheidend.
Mein Potenzial zu leben, meiner Kreativität ganz zu folgen, ist der wichtigste Teil. Immer dann, wenn ich das tue, dann haben diese Schatten kaum Kraft, mich zu ärgern. Dann ist mein Leben so bunt, dass sie eher zu den Linien, den Grenzen des Möglichen werden. Manchmal schraffieren sie noch etwas – und ich kann über sie schmunzeln.
Wenn ich etwas Kreatives tue – das muss nicht zwangsläufig Mandala-Malen sein – dann beruhigt sich diese Leere. Sie füllt sich mit meiner bunten Lebendigkeit, und ich erfreue mich am Resultat. Es wischt diese Leere hinfort, und ich verlasse die Traumafelder, in die ich – wohl ganz unbewusst – einmal mehr getreten war.
Dann taucht da eine andere Art von „Leere“ auf. Eine, die total angenehm ist. So angenehm wie eine warme Blumenwiese an einem Sommermorgen oder ein strahlend blauer Himmel im Spätherbst. Sie erinnert mich dann an das, was ich eigentlich bin – was wir wohl alle sind.
Manchmal brauche ich selbst etwas, um diesen Punkt wiederzufinden. Nicht den der angenehmen Leere, sondern den, an dem ich beginne, mich wieder der Kreativität zuzuwenden. Denn am tiefsten Punkt ist selbst das manchmal nicht möglich. Da ist der kleinste Stift zu schwer und die leiseste Musik zu laut.
Da mag ich einfach nur liegen und mich ablenken. Mich berieseln lassen von unnützen Dingen. Dann sitze ich in einem Wartezimmer, lese oder schaue fern – und warte, bis mich die Kreativität der Schöpfung aufruft und wieder eintreten lässt.
Es fällt mir nicht immer leicht, diesen Warteraum zu akzeptieren, doch im Laufe der Jahre habe ich gelernt, dass gerade er ein wichtiger Teil dieser Kreativität ist – also zumindest für mich. Diese Phasen des kreativen Winters, in denen der Boden eingefroren ist, keine Blume blüht und kein Ast sich bewegt. Dann, wenn alles steif ist und nichts mehr geht.
Scheinbar.
Denn eigentlich entsteht darin gerade etwas Wundervolles. Und ohne den Winter würde kein Baum im Frühjahr in dieser vollen Pracht erblühen können.
Ich schreibe diesen Text gerade für mich, und er war gar nie gedacht, veröffentlicht zu werden. Doch je länger ich daraus, aus diesem Zustand heraus, schreibe, umso mehr spüre ich, wie wertvoll es ist, auch diesen Winterzustand zu teilen.
Denn gerade Kreativität ist oft kein linearer Zustand, sondern eine Welle, die entsteht – und die wir mit etwas Glück und Geschick reiten können. Ich kann mich selbst darin kontrollieren und üben, doch ich kann die Welle selbst nicht beeinflussen. Ich weiß nicht, wann sie aufsteigt und wie groß sie wird. Ich kann nur staunend dabei sein und dieses Wunder der Natur erfahren.
So, jetzt aber genug der Metaphern. Ich denke, ich habe mich – und hoffentlich auch dich – genug daran erinnert, was für kreative Wesen wir sind, und dass auch Kreativität, Heilung, Spontanität Zeit braucht. Dass nicht immer alles Sonnenschein ist, sondern es eben auch die wolkenverhangenen Tage gibt, an denen nicht so viel passiert.
Das ist okay und zutiefst menschlich. Wir alle wurden nur in einem System groß, das uns versucht hat, vom Gegenteil zu überzeugen. Einem System, das fünf Tage die Woche Höchstleistung – am liebsten gleichbleibend – von uns erwartet oder uns lehren will. Ja, es gibt auch da Auszeiten, doch natürliche Abläufe, eigene Zyklen hatten darin kaum Platz.
Deshalb hier nochmal eine kleine Erinnerung:
Du darfst dir diese Zyklen zurück in dein Leben holen. Darfst dich richtig weit werden lassen dafür – und diesen Wellen ihre eigene Dynamik zugestehen. Am Anfang kann es sein, dass die Ruhe-Zyklen richtig lange sind – je nachdem, wie lange es her ist, seit du das letzte Mal wirklich zyklisch gelebt hast und nicht nach einem starren Stundenplan.
Auch das gehört dazu – und ist vollkommen in Ordnung. Du darfst diese Zustände genießen, und ich mag uns beide jetzt noch einmal ganz klar daran erinnern:
Das Leben sorgt für dich.
Immer und zu jedem Augenblick.
Ohne Unterbrechung – das ist das, was es wirklich ständig tut.
So wie es dich atmet. Du darfst darauf vertrauen.
Einzig und allein deine Muster, die glauben, dass dem nicht so ist – und die alles kontrollieren wollen –, verhindern das.
Und dann, wenn der Winter vorbei ist, kannst du einen Stift nehmen, einen Zirkel – wenn du magst –, ein Stück Papier und Kreise malen.
Vielleicht entsteht ein Mandala. Vielleicht auch ein anderes Bild, das dich einfach an die Freuden des Lebens erinnern will.